Source: Flash, nr.22, 1, 1974
Author: Magnus Zawodsky
Popol Vuh – Seligpreisung
Dies ist bereits die zweite LP von Popol Vuh mit „sakraler Musik“. So nannt Florian Fricke seine Musik, die die weder Klassik noch Pop, weder kirchlich noch kosmisch ist und doch alle vier Elemente in sich vereinigt. Es ist auf jeden Fall christliche Musik . Die Texte, die „Seligpreisungen“, sind dem ersten Teil der Bergpredigt entnommen. Aber Popol Vuh sind christlich nicht im kirchlichen Sinne, noch weniger im Sinne der Jesus People. Christlich vielleicht in dem Sinn, wie Hermann Hesse sich gegen Ende seines Lebens mehr dem Christentum als den indischen Religionen zugeneigt hat: „Es scheint mir oft , daß wirklich Jesus um einen Schritt weiter sei als Buddha…….“
Sakrale Musik ist eine Musik der Hingabe. Es ist eine sanft, verhalten und getragen jubelnde Musik. Die Besetzung ist sehr eigenwillig. Neben Florian Fricke (der den Moog-Synthesizer zugunsten von Flugel und Cembalo aufgegeben hat) spielen Conny Veit (elektrische und zwölfsaitige Gitarre), Klaus Wiese (Tambura), Robert Elicsu (Oboe) und Daniel Fichelscher (E-Gitarre und Percussion). Der Sound ist mehr akustisch als elektrisch, mehr klassisch als rockend. Ungemein erfreulich ist, daß Jedwedes Pathos fehlt. Florian selbst singt die Seligpreisungen, und seine Stimme ist alles andere als tragend oder ausfüllend, sie ist – sofern man einer Singstimme dieses Attribut geben darf – „introvertiert“. Das Halleluja klingt nicht gloriös und jubelnd, rauscht nicht auf wie bei Händel. Florian singt es ganz langsam, etwas rauh, etwas unrein, aber jeden Laut auskostend, geradezu sinnlich. „Perlenklänge der Innerlichkeit“ heißt es in Anzeigen-Texten über die Musik von Popol Vuh. Dies ist einer der wahrhaft seltenen Fälle, wo ein Werbeslogan mal eine Wahrheit enthält.