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Source: Empire, nr.3, 2019, p.50-51
Author: Tim Stecher

Popol Vuh

Der Backkatalog der Krautrock- und Elektronik-Pioniere Popol Vuh wurde von BMG in Zusammenarbeit mit den Popol Vuh-Mitgliedern Frank Fiedler und Guido Hieronymus aufwändig remastert. Die Essential Album Collection wird nun in mehreren Teilen neu auf CD und LP veröffentlicht. Der leider viel zu früh verstorbene Florian Fricke prägte die Geschichte von Popol Vuh entscheidend, als die Formation die Musik für einige Filme seines Freundes, des Filmregisseurs Werner Herzog, komponerte und damit große Erfolge feierte. Es ist wichtig, dass die Musik von Popol Vuh in neuem Glanz erstrahlen kann und mehrere Generationen von interessierten Musikhöhern wieder neu begeistern wird. Tim Stecher hatte die Gelegenheit, mit Gründungsmitglied Frank Fiedler über die Geschichte von Popol Vuh, die Essential Album Collection und weitere Projekte zu sprechen.

Mit The Essential Album Collection Vol.1 liegt eine erste Sammlung von fünf Popol Vuh-Alben in remasterter Form mit jeweils ein bis zwei Bonustracks und neu gestalteten Booklets vor. Wie kam es zu dem Projekt, den Katalog von Popol Vuh zu überarbeiten?

- Wie ich feststellen könnte, wird das Werk von Florian Fricke doch bei vielen, besonders den Kennern und auch international, hoch geschätzt. Ihm wohnen offenbar zeitlose ästhetische Qualitäten inne. Dieser Klang betört einfach. Und auch bei so einem Mediengiganten wie BMG scheint man das Potential dieses Werkes gesehen zu haben.

Welche Studioalben werden bei der Essential Album Collection Vol.1 enthalten sein?

- In den Gärten Pharaos, Seligpreisung, Das Hohelied Salomos, Letzte Tage – Letzte Nächte, Brüder des Schattens, Söhne des Lichts und Die Nacht der Seele.

Sie waren neben Florian Fricke zwar ein langjähriges Mitglied von Popol Vuh, waren aber nur an einem Teil der Studioalben musikalisch beteiligt. An welchen Produktionen haben Sie neben den ersten Alben aktiv mitgewirkt?

- Wenn ich mich recht erinnere, an Affenstunde, In den Gärten Pharaos, Das Hohelied Salomos, Agape-Agape, Die Erde Und Ich Seind Eins, For You And Me, Florian Fricke Spielt Mozart, City Raga, Sing For Song Drives Away The Wolves, Shepherd’s Symphony und Messa Di Orfeo. Nach Florians Tod in Zusammenarbeit  mit seinem Sohn Johannes Fricke-Waldthausen noch an Popol Vuh Revisited & Remixed und Kailash: Pilgrimage To The Throne Of Gods (CD & gleichnamige Film-DVD). Und natürlich an der Popol Vuh-Gesamtherausgabe Anfang des Jahrtausends bei SPV und jetzt mit einigen Neuerungen bei BMG.

Wie würden Sie die sehr unterschiedlichen Alben Affenstunde, Hosianna Mantra, Einsjäger & Siebenjäger, Aguirre und Nosferatu jeweils in wenigen Worten beschreiben?

- Ich mache einen Spiegel, Kyrie Eleison – Allmächtiger, erbarme dich… Kampfkunst – Flügel vs. E-Gitarre….. Abbild verstiegenen Wahns… Poetischer Blutsauger ….

War das Phänomen und Potential der Musik von Popol Vuh erkennbar, als Sie mit Florian Fricke zusammenkamen und mit Affenstunde ein Debütalbum aufnahmen, mit dem ganz neue, freie, verspielt-betörende Klangwelten entwickelt wurden?

- Na, wir wussten schon, dass wir was drauf hatten. Fragte sich nur, wie weit es ging. Das Album Affenstunde und auch In Den Gärten Pharaos sind ja heute noch eine musikalische Herausforderung erster Güte und haben eine ganz eigene Schönheit. Das hat ja keiner je wieder so gemacht, das war ein einmaliger Höhenflug. Wenn man so will, die Verwirklichung unserer Sehnsucht nach Licht und Weite.

Wie erklären Sie sich den Erfolg von Popol Vuh und die Tatsache, dass die Band heute als Klang-Pionier der Elektronik- und Krautrock-Musik gillt, die eine Vielzahl von Musikern der letzten 30 bis 40 Jahre in deren Entwicklungen maßgeblich geprägt hat?

-  ‘Erfolg’ is ein großes Wort. Für Florian zum Beispiel bedeutete es zwar einigen Ruhm, aber viel zu wenig Geld, um sich wirklich frei bewegen zu können. Und auch ich habe doch nur überlebt, weil ich als Kameramann recht gut Geld verdienen konnte. Besonders für Florian war es kein einfacher Weg. Popol Vuh ist vor allem Florians Einfallsreichtum zu verdanken und seine Liebe zur Klanggestaltung. Ich meine, wir haben Dostojewski und Govinda gelesen, haben mit unseren Frauen die Welt bereist und dabei diese Klänge auf Schallträgern festgehalten. Wohl im Ganzen etwas, das man ‘erfüllt’ nennen kann. Gut, diese Klänge gingen tatsächlich auch um die ganze Welt. War wohl was dran…

Einze Zitat in dem Biografie-Teil der neuen, informativen CD-Booklets hat mich besonders beeindrückt: “Popol Vuh are the greatest idols that I ever had and will ever have”, Michal Cretu. 1992. Was bedeutet Ihnen ein derartiges Zitat?

- Das ist wirklich ganz lieb von Michael..

Die Schaffung der wunderbaren Soundtracks für Filmwerke von Werner Herzog wie zum Beispiel für Aguirre und Nosferatu waren weitere Highlights in der musikalischen Vita von popol VUh. Wie kam es zu den Porjekten und wie verlief die Zusammenarbeit?

- Man muss wissen, dass sich Werner und Florian schon aus ihrer Jugenzeit kannten. Florian hat schon die ersten Filmstolperer von Werner mitgemacht. Da waren sie 17, 18 jahre alt. Sie waren ohne späteren Ruhm schon befreundet. Und so hatte jeder immer Kenntnis vom künstlerischen Werdegang des anderen. Darüber hinaus verstanden sich die beiden eben auch über ihre Auffassung von künstlerischen Ästhetik, ihrem Medien-Feeling, und so war es fast natürlich, dass Ihre Werke verschmolzen.

Was waren aus Ihrer Sicht die späten Höhepunkte in der Diskographie von Popol Vuh?

- Eigentlich sehe ich da nur Messa di Orfeo. Diese Klangskulptur mag nicht so ganz einfach zugänglich sein, hat aber für mein Gefühl eine besondere Art seelischer Tiefenfärbung, wobei ein Bogen zu unseren ersten beiden LPs entstand.

Mit Florian Fricke, der 2001 leider viel zu früh verstarb, ging auch die Geschichte von Popol Vuh zu Ende. Sind Sie weiterhin musikalisch aktiv?

- Allein schon meine Filmarbeit ist immer mit viel Musik verbunden. Ich habe jetzt aber mit Guido Hieronymus der unsere Studioarbeit ja seit Ende der achtziger Jahre begleitete, eine ganz eigene Musik-Idee verwirklicht. Wir nannten es ‘Popol Vuh Beyond – A Requiem for Florian’. Wir spielen mit dem Verstorbenen. Mit Florian Klavier- und Synthie-Tracks sind ganz neue Klänge entstanden, eine neue, vibrierende Weltmusik. Man wird sehen..

Gibt es nach der Veröffentlichung der überarbeiteten Studioalben von Popol Vuh noch weitere musikalische Schätze aus dem Wirkungskreis von Popol Vuh, auf die wir uns freuen können?

- Nun, dies war The Essential Album Collection Vol.1 was, wie oben erwähnt, ja erkennen lässt, dass da noch etwas nachkommt. Und zwar Vol.2 und Vol.3, die Essenz, weitere Meisterstücke… Das wird Herbst 2019 und Frühling 2020 sein. Besonders in der letzten Staffel wird auch einiges neue Material dabei sein. Junge Elektroniker spielen gerne mit Extrakten alter Popol Vuh 24-Spur-Studiotracks. Auch wenn ganz andere musikalische Vorstellungen herrschen, bleibt ein Zusammenwirken mit Florians Musikauffassung offenbar auch für diese Jüngeren interessant und bringt etwas. Und dann Florian hat an die zweihundert Musikstücke komponiert und veröffentlicht. Uns schwebt da eine Art Anthologie der allerschönsten Kompositionen vor. Vielleicht im Zusammenhang mit bisher unveröffentlichten Klavier-Schwärmereien Florian: Das ist noch nich endgültig.