Source: Köllner Stadtanzeiger, 1973
Author: Ingrid Blum
Gila schwelgt in Romantik-Gefilden - Eine alte Band in neuer Zusammensetzung
Der Name Gila weckt Erinnerungen beim Kölner Rockpublikum. Die Münchner Popgruppe gab zwei Vorstellungen im “Weißhaus”, ein Konzert in der ‘Nachtmusik im WDR’. Gitarrist Conny Veit, einziger Überlebender der alten Besetzung hat nach einem Jahr Pause eine neue Band zusammengestellt. Die erste Platte der neuen Gila ist soeben erschienen: Bury My Heart At Wounded Knee’ (Begrab mein Herz am Wounded Knee’). Sie wird – ungewöhnlich für eine deutsche Band – in zwei Monaten auch in den USA zu haben sein.
Spielte die alte Gila psychedelisch angehauchten, reichlich mit Echo und Hall gestreckten Elektro-Rock so bewegt sich die neue Band in melodischen, romantischen Gefilden. Unterstützt wird Conny van Daniel Secundus Fichelscher, kurz Danny, der bis vor kurzem als Zweitschlagzeuger bei Amon Düül mit deren Stammtrommler Peter Leopold um den Posten wetteiferte. Er wurde gefeuert und glaubt nun bei Conny endlich ohne Konkurrenzkampf und Futterneid musizieren zu können. Zusätzlich greift er jetzt in den Saiten der akustischen Gitarre.
Dritte um Bunde ist Sängerin und Gelegenheitsfotomodell Sabine. Jahrelang schaute sie Conny und anderen Musikanten sehnsuchtsvoll zu, bis ihr jüngst Conny den entscheidenden Anstoß gab: “Laß das verschücherte Mitsummen. Sing endlich mal laut.”
Bei einem Besuch im München erläuterten die drie, welch hochgesteckte Ziele sie mit ihrer Musik verfolgen. Conny, Kulturpessimist und belesener Wortführer der Gruppe, will das Publikum zwar nicht wie vor angenehm unterhalten, möchte aber gleichzeitig in seinen Texten kritische Gedanken über das Leben in der westlichen Industriegesellschaft verbreiten.
Meine Musik ist Ausdruck seelischen Leids. Das bedeutet nicht, daß ich vorwiegend Moll-akkordeanschlage. Hinter dem Leiden steht ja die Sehnsucht nach einem besseren Leben, nach Selbstverwirklichung und innerer Ruhe. Deshalb faszinieren mich andere Kulturkreise, in denen man möglicherweise glücklicher leben kann”.
Das Beispiel einer solchen Kultur fand er bei den Indianern Nordamerikas. Als die amerikanischen Regierungstruppen vor wenigen Monaten gegen die aufsässige Indianerversammlung am Wounded Knee zu Felde zogen, berührte das auch Conny in München so sehr, daß er seine neue Platte den Indianern widmete. Neben den eigenen Texten vertonte er drei original indianische Texte. Wie er hofft, zum Wohlgefallen der roten Brüder. Der Erlös aus dem Verkauf der amerikanischen Fassung geht ausschließlich an eine Indianerorganisation.
“Es gibt, nicht nur in den Reservaten, Vereine die sich die Erziehung der indianischen Jugend im Sinne der alten Kulturen zum Ziel gesetzt haben. An alte Traditionen anknüpfen bedeutet natürlich nicht, wieder auf Büffeljagd zu gehen oder gar eine Romantik der Wildwestfilme wiederzubeleden. Der Kern der indianischen Philosophie ist die Ehrlichkeit der Existenz. In unserer Gesellschaft verstecken wir uns hinter Masken.”