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Source: Die Welt, 2002-01-05
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Deutscher Pop-Pionier Florian Fricke tot

Ganz wichtig waren rätselhafte Namen. Amon Düül und Guru Guru, Kraan und Popol Vuh. So hießen deutsche Rockbands in den Jahren 1968 folgende. Aus ihrer rituellen Abneigung gegen Amerikas Kultur erfanden sie eine absonderliche Art Musik. Da stellte Florian Fricke allerlei Geräte in ein Bauernhaus am Tegernsee. Das war ein erster Synthesizer, damals noch ein unergründliches Gewirr aus Kabeln, Schaltern und Modulen. Dieser "Moog" kam aus Amerika. Doch Florian Fricke kam vom Bodensee, studierte klassische Musik und rief in München Popol Vuh ins Leben.
Popol Vuh ging es wie allen damals um das große Ganze. Weniger um kommunardenhaftes Musizieren wie bei Amon Düül. Der Adressat bei Florian Fricke war die Seele, sprich: der neue Mensch im Einzelnen. Das Album "Affenstunde" klang versonnen und versponnen. Menschen lagen dazu in den Wohngemeinschaftshöhlen, lauschten Frickes Soundlandschaften und in sich hinein. Im Ausland nannte man diese Musik verächtlich Krautrock. In den Neunzigern entdeckten sie vor allem Briten neu als Vorläufer der Clubmusik. Nur Fricke dachte seinerzeit schon mehr darüber nach als andere, und er entwickelte Respekt vor der Maschine, seinem Moog, und suchte in den Sounds sein Leben lang nach Sinn. Einer der ersten Esoteriker, der im Himalaja mit Mönchen sang und Atemtherapie als Ausweg pries. In ihm fand Werner Herzog den verständnisvollen Musiker für seine Filme. "Fitzcarraldo", "Nosferatu", "Herz aus Glas", "Aguirre", die Bilder sähen anders aus ohne den Sound von Popol Vuh, der Band, die Florian Fricke war. Er starb bereits vergangenen Samstag in München, 57 Jahre alt. (mp)